Bei dieser Form der Kooperation steuert das Partnerunternehmen als Original Equipment Manufacturer (OEM) oder Erstausrüster passende Komponenten und Module zu den Systemen des Industrieunternehmens bei. Die Zusammenarbeit kann von der Entwicklungs- bis zur Produktionsphase reichen.
Damit dieses Kooperationsmodell einen echten Mehrwert produziert, muss der OEM-Partner sehr tief in die Wertschöpfungskette eingebunden werden. Zum Beispiel, indem die gesamte Spanne der Entwicklung und Produktion komplexer Komponenten – wie einer Antriebseinheit oder der Stromversorgung – an den OEM-Partner übertragen wird.
Durch diese Form der Kooperation haben Industrieunternehmen bei der Wettbewerbsfähigkeit gleich mehrfach die Nase vorn: die Time-to-Market verbessert sich und die Produktqualität steigt, während die Kosten wesentlich geringer sind, als wenn die Leistungen des OEM inhouse erbracht werden würden. Diese Rechnung geht aber nur dann auf, wenn der OEM-Partner zum Industrieunternehmen passt.
Damit der OEM-Partner ein wirklicher Treffer wird, sollte er deshalb nicht wie ein gewöhnlicher Lieferant geprüft werden. Vielmehr müssen die besonderen Anforderungen berücksichtigt werden, die ein OEM wegen seiner hohen strategischen Bedeutung erfüllen muss. Dieser Beitrag gibt Ihnen einen Überblick, welche spezifischen Kriterien Sie als Industrieunternehmen an die Auswahl des passenden OEM-Partners legen sollten.
Wenn zuvor gesagt wurde, dass Industrieunternehmen und OEM-Partner zueinander passen müssen, bedeutet das aus technologischer Perspektive: Sie müssen sich möglichst optimal ergänzen. Der OEM muss aus der Sicht des Industrieunternehmens all jene Ressourcen in die Partnerschaft mit einbringen, die im eigenen Unternehmen nicht vorhanden sind, die jedoch benötigt werden, um ein neues Produkt oder eine neue Produktlinie zur Marktreife zu entwickeln, in der notwendigen Menge zu produzieren und auf dem Markt zu etablieren.
Was bedeutet das in der Praxis? Stellen Sie sich vor, Sie wollen als Industrieunternehmen einen Gerätetyp mobil besser nutzbar machen und dafür eine neue Produktlinie auf den Markt bringen, deren Stromversorgung erstmals über Akkus funktioniert. Würden Sie diesen Weg allein gehen wollen, erwartet Sie zum einen eine steile Lernkurve: Diese reicht von der Funktionsfähigkeit des Endprodukts durch das veränderte Zusammenspiel der Komponenten, über Fragen der Bedienung und Benutzerfreundlichkeit bis hin zur Produktion und Zertifizierung der Akkus für das Endprodukt. Zum anderen müssen Sie parallel dazu die notwendige Infrastruktur aufbauen: Sie benötigen Experten, Geräte und Anlagen.
Den idealen OEM-Partner erkennen Sie daran, dass er auf all diesen Baustellen liefern kann: Er verfügt über ein tiefes Wissen der entsprechenden Technologie und hat die notwendige Infrastruktur, um Ihr Projekt optimal zu unterstützen. Das betrifft genauso Ingenieure und weiteres Personal zur Entwicklung, Testung und Fertigung von Komponenten, Kompetenzen im Bereich Projektmanagement wie die notwendige Infrastruktur an Laboren, Geräten und Fertigungsstätten. Schließlich muss der OEM mit seinen Ressourcen in diesem Fall auch die gesamte Qualifizierung und Zertifizierung der Akku-Technologie abdecken können.
Sie sollten eine OEM-Partnerschaft nicht als verlängerte Werkbank begreifen, sondern als eine tiefgreifende Form der projektbezogenen Kooperation, die eine übergreifenden Mehrwert bietet. Denn ein guter OEM liefert nicht nur Teile zu, sondern unterstützt Sie sehr eng beim gesamten Go-to-Market. Das ist nur dann möglich, wenn der OEM diese Rolle vollwertig ausfüllen kann, weil er neben der entsprechenden Technologiekompetenz auch über die einschlägige Marktkompetenz verfügt.
Um auf das Beispiel einer passenden Batterie-Lösung zurückzukommen, bedeutet dies: Der passende OEM weiß, welche Stromversorgungslösungen im Markt vorhanden sind und kennt die damit verbundenen Vor- und Nachteile für Ihr Produkt mit Blick auf Aspekte wie Funktionsfähigkeit, Kosten oder den After-Sales-Bereich. Das gilt insbesondere auch für den Umgang des Endanwenders mit vergleichbaren Akku-betriebenen Geräten. Nicht zu unterschätzen sind darüber hinaus Kenntnisse zu den speziellen regulatorischen Auflagen und Zertifizierungsprozessen, die für Akkus in verschiedenen Märkten rund um den Globus bestehen.
Damit eine Zusammenarbeit möglichst effizient und reibungslos durchgeführt werden kann, sollte der OEM in der Lage sein, ein Projekt aus der Perspektive des Industrieunternehmens zu sehen, um dessen Wertschöpfungskette zu verstehen. Denn die Produktentwicklung ist kein Selbstzweck, sondern in ein bestimmtes Geschäftsmodell eingebettet.
Dieses Geschäftsmodell muss der OEM-Partner verinnerlicht haben, um sich im Projektverlauf proaktiv einzubringen und von sich aus Lösungen anbieten zu können, die für den Projektpartner als Auftraggeber einen Mehrwert haben.
„Reden ist billig“, lautet ein altes Sprichwort. Auf die Wahl eines OEM gemünzt bedeutet es: Vertrauen Sie bei der Auswahl eines OEM-Partners nicht auf blumige Versprechen, sondern sehen Sie sich Ihren zukünftigen Partner sehr genau an. Denn in dem Moment, in dem die Tinte unter den Verträgen getrocknet ist und die Partnerschaft beginnt, müssen Sie sich darauf verlassen können, dass Sie der OEM nicht durch eine clevere Akquise oder einen guten Preis überzeugt hat. Mit dem Kick-Off zum Projekt muss er seinen Part über die volle Distanz zu einhundert Prozent einnehmen.
Um böse Überraschungen im Nachhinein zu vermeiden, die das Projekt negativ beeinflussen oder gar scheitern lassen könnten, sollten sie den OEM-Partner deshalb bereits im Vorfeld sehr genau durchleuchten. Ihr zukünftiger Partner sollte Ihnen alle Prozesse und Strukturen, die für das Projekt wichtig sind, transparent sichtbar machen. Ein wichtiges Kriterium ist hierbei, dass der OEM-Partner alle Leistungen, die zuvor in Aussicht gestellt wurden, eigenständig bereitstellt. Muss er hingegen bei Entwicklung oder Produktion selbst auf externe Partner zurückgreifen, ist Vorsicht geboten. Denn dann ist keine durchgehende Kontrolle aller Projektphasen gegeben und bei Problemen droht ein Chaos der Verantwortlichkeiten.
Achten Sie deshalb darauf, dass der OEM alle notwendigen Prozessketten und Abläufe bereits fest etabliert in die Kooperation einbringen kann, um alle versprochenen Leistungen aus einer Hand anbieten und abliefern zu können. Gegebenenfalls kann es von Vorteil sein, wenn der OEM weltweit über mehr als einen Produktionsstandort verfügt, um Lieferketten besser organisieren und Produktionsspitzen abfangen zu können.
Abgerundet wird der ideale OEM-Partner dadurch, dass Sie sowohl vom Bauch als auch vom Kopf her die Kooperation befürworten. Das bedeutet, dass einerseits die Chemie zwischen den beteiligten Akteuren stimmt. Andererseits müssen Sie aber auch darauf achten, dass beide Parteien mit den gleichen Erwartungen in das Projekt starten.
Das bedeutet, dass es einen einheitlichen Blick auf Chancen und Risiken sowie eine einheitliche Vorstellung von strategischen Benefits gibt, die beide Seiten aus der Kooperation ziehen können. Ist dies gegeben, steht einem erfolgreichen Projektverlauf nichts im Weg.