IEC 60601-1-11:2015 – Besondere Anforderungen
Der Einsatz medizinscher Geräte in der eigenen Wohnung nimmt immer stärker zu. Patienten können heute viele Behandlungen außerhalb des Krankenhauses durchführen: Blutdruckmessgeräte oder Beatmungsgeräte zur Behandlung schlafbezogener Atmungsstörungen (SBAS) befinden sich schon häufig in privaten Haushalten. Elektronische Geräte mit Kommunikationsanschluss bieten neue Möglichkeiten ambulanter Therapie, was in der Regel effizienter und kostengünstiger als ein langwieriger Krankenhausaufenthalt ist. Die elektrischen Medizingeräte müssen für ihren Einsatz in häuslicher Umgebung allerdings speziellen Anforderungen genügen, welche im nachfolgenden Artikel näher erläutert werden sollen
Die Anforderungen an die Geräte werden unter anderem durch die Norm IEC60601-1-11 definiert. Die Norm behandelt die wesentlichen Leistungsmerkmale für die medizinische Versorgung in häuslicher Umgebung und definiert entsprechende Sicherheitsvorkehrungen an medizinisch-elektrischen (ME) Geräten und Systemen. Unter häuslicher Umgebung versteht die Norm sowohl die Wohnung, in der ein Patient lebt, als auch andere Orte, an denen sich Patienten befinden können (z.B. Pflegeheime oder Fahrzeuge), jedoch keine professionellen Einrichtungen zur Gesundheitsfürsorge oder Einrichtungen für ärztliche Notfalldienste.
Die aktuelle Version der IEC 60601-1-11 wurde im April 2016 als „Deutsche Fassung EN 60601-1-11:2015“ veröffentlicht, eine Übergangfrist der bisherigen Norm endet am 31.12.2018. Die wesentlichen Leistungsmerkmale als auch die Sicherheit von Medizingeräten sollen unter fast allen Umständen erhalten bleiben, was mittels der im weiteren Verlauf des Artikels dargelegten Sicherheitsvorkehrungen erreicht werden soll. Neben den Sicherheitsanforderungen aus der IEC 60601-1-11 gelten in diesem Einsatzbereich auch verschärfte Anforderungen an die elektromagnetische Verträglichkeit gemäß der IEC60601-1-2.
Die Netzspannung in AC-Stromversorgungsnetzen wird üblicherweise mit +/-10% der Nennspannung angenommen. Dies definiert den Bereich, in welchem die Geräte funktionieren müssen. Da an vielen Orten – speziell in Altbauten – die Auslegung der elektrischen Verkabelung schlecht ist, müssen ME Geräte in einem weiter gefassten Bereich von 85% – 110% der Nennspannung funktionieren. Für Geräte, die dafür bestimmt sind, einen Patienten am Leben zu erhalten oder ihn wiederzubeleben, gelten noch strengere Anforderungen: Diese müssen ihre Aufgaben im Bereich von 80% – 110% der Nennspannung sicher erfüllen.
Bei der Auswahl des Netzteils muss der Hersteller des ME-Geräts beachten, dass die Leistungsaufnahme zu den Ausgangsdaten des Netzteils in diesen Anwendungsfällen passt. Des Weiteren ist zu beachten, dass ME-Geräte, die nicht fest an das Stromnetz angeschlossen sind:
Auf das Vorhandensein bzw. Fehlen dieser Symbole sollte daher beim Netzteil explizit geachtet werden:
Die Forderung nach Schutzklasse II begründet sich in der Tatsache, dass viele Häuser keine funktionierende Erdung besitzen. Bei Geräten der Schutzklasse I fließt im Fehlerfall über den Schutzleiter ein Strom zur Erde und löst den Fehlerstromschutzschalter (RCD, früher FI genannt) oder eine Sicherung aus. Bei einer Gebäudeinstallation mit mangelhafter oder gänzlich fehlender Erdung kann dies zu einem tödlichen elektrischen Schlag führen. Geräte der Schutzklasse II verfügen dagegen über eine doppelte Isolierung und sind im Falle dieses Fehlers sicher.
Die Funktionserde dient bei Geräten zur elektromagnetischen Entstörung. Bei fehlender Erdung kann dies aufgrund unzulässiger Störpegel zu Fehlfunktionen führen. Bei Geräte ohne Funktionserde ist dies dagegen nicht der Fall.
Von Anwendungsteilen spricht man, wenn eine elektrisch leitende Verbindung zwischen Patient und Gerät besteht. In diesem Fall muss der Patientenanschluss von der Erde und dem AC-Versorgungsnetz isoliert sein. Der Strom, der beim Berühren des Patientenanschlusses durch den Patienten zur Erde fließt, darf bei Anwendungsteilen die Grenzwerte von 100 µA für Geräte des Typs BF sowie 10 µA für den Typ CF nicht überschreiten. Ein solches Anwendungsteil lässt sich leichter realisieren, wenn der Ableitstrom des Netzteils bereits die entsprechenden Grenzwerte für BF oder CF einhält.
Bei ME-Geräten, die in häuslicher Umgebung eingesetzt werden, geht man von einem erhöhten Risiko des Eindringens von Wasser aus. Aus diesem Grund schreibt die IEC 60601-1-11 grundsätzlich die IP-Schutzklasse IP01 vor. Für Geräte, die während des Betriebs bewegt werden dürfen, sowie für handgehaltene Anwendungen wird gemäß der IEC 60529 die erhöhte Schutzart IP02 gefordert. Des Weiteren müssen die Geräte auch für Kinder berührsicher (Schutz gegen Eindringen von festen Fremdkörpern ≥ 5,6 mm) aufgebaut sein und somit nicht nur IP21 oder IP22 erfüllen.
Wegen des geschlossenen Kunststoffgehäuses erfüllen externe Netzteile häufig von Hause aus die Schutzklasse IP40 – jedoch ist es ein weit verbreiteter Irrglaube, dass wegen des geschlossenen Gehäuses auch automatisch ein Schutz gegen eindringendes Wasser besteht. Hier sind die Angaben und Testergebnisse des Herstellers sowie die zulässigen Gebrauchslagen gemäß Bedienungsanleitung genaustes zu beachten.
Wenn in der Gebrauchsanweisung des ME-Geräts keine anderen Angaben gemacht werden, müssen die Geräte unter folgenden Bedingungen betriebsfähig sein:
Tragbare Geräte wie Netzteile, die während der Bewegung nicht betriebsfähig sind, müssen neben Stoß-, Schlag- und Fallprüfungen zusätzlich einen Schocktest mit 15 g (IEC 60068-2-27) und einen Vibrationstest (IEC 60068-2-64) bestehen.
Schock-Prüfung
Spitzenbeschleunigung: 15 g
Dauer: 11ms
Pulsform: Sinus Halbwelle
Anzahl von Schocks: 3 je Richtung und Achse (18)
Breitband-Zufalls-Vibration-Prüfung
Beschleunigungsamplitude: 10Hz – 100Hz: 1,0(m/s²)²/Hz
100Hz – 200Hz -3dB / Oktave
200Hz – 2kHz 0,5 (m/s²)²/Hz
Bei Medizingeräten für den Einsatz in häuslicher Umgebung gibt es außerdem noch einige Anforderungen an die Bedienungsanleitung. Unter anderem muss hier explizit auf den ungeschulten und fachfremden Patienten als Bediener eingegangen werden. Dies gilt es auch bei der Risikoanalyse entsprechenden zu betrachten.
Besondere Anforderungen an die EMV aus der IEC60601-1-2
Medizingeräte in häuslicher Umgebung müssen mindestens die gleichen, teilweise aber auch höhere Anforderungen als Medizingeräte in professioneller Umgebung erfüllen. Dies wird unter anderem mit der stärkeren Belastung durch unbekannte Sendeleistungen in den verschiedenen Frequenzbändern begründet (Radio, Fernsehen, Amateurfunk, Smartphone Connectivity, WLAN, GSM, UMTS, LTE usw.).
Die Störfestigkeit muss für folgende elektromagnetische Phänomene höher sein.
• für abgestrahlte Hochfrequenz (IEC61000-4-3) 30MHz-2,7 GHz erhöht sich der Störpegel auf 10V/m
• für leitungsgeführte Hochfrequenz (IEC 61000-4-6) 150kHz – 80MHz gilt der 6V Störpegel nicht nur in den ISM Frequenzen, sondern auch in den Amateurfunkfrequenzen
Auch bei der Störaussendung müssen die Geräte weniger elektromagnetische Emissionen verursachen: Sie müssen die Klasse B der CISPR 11 erfüllen. Diese erfordert einen um 10dB niedrigeren Grenzwert als die Klasse A, die für den Einsatz in Krankenhäusern und Kliniken gefordert wird.
Mit der Gerätefamilie FOX (FRIWO One-Click Xchange) bietet der deutsche Stromversorgungsspezialist FRIWO äußerst effiziente Netzgeräte, die auch für den Einsatz in häuslicher Umgebung geeignet sind. Die Geräte erfüllen strengste Energieeffizienzstandards wie DOE Level VI. Dies ist zwar im Medizinbereich noch nicht gefordert, bietet aber eine Zukunftssicherheit, die auch aus Umwelt- und Ressourcensicht bei der Auswahl der Stromversorgung beachtet werden sollte.
Neben dem sehr hohen Wirkungsgrad der Geräte sind dabei vor allem die minimalen Standby-Verluste entscheidend.
Für maximale Sicherheit sorgen eine doppelte Verriegelung der Gehäuse, minimale Ableitströme von ≤ 10 µA und der Aufbau der Isolation nach 2x MOPP. Hierdurch ist es möglich, ein Medizingerät mit Patientenanschluss, der als Anwendungsteil der Klasse CF gilt, zu entwerfen.
Die Geräte wurden gemäß der besonderen Anforderungen der IEC60601-1-11 entwickelt und getestet. Dank Wechseladaptersystem und Weitbereichseingang von 80 bis 264 VAC sind sie weltweit verwendbar. Um die Anforderungen an die IEC60601-1-11 zu erfüllen, kann das optionale FOX-Wechseladaptersystem mit IP42-Schutz verwendet werden. Im praktischen Einsatz bedeutet dies, dass sich die Geräte feucht abwischen und reinigen lassen. Des Weiteren sind die Geräte auch optional mit weißem Gehäuse erhältlich, was die FOX-Familie vor allem für den Einsatz in der Medizintechnik nochmals optisch aufwertet. Außerdem erfüllen die Geräte bereits die EMV-Norm IEC60601-1-2:2014 (4th Edition) für Medizingeräte, sowohl für den Einsatz in professioneller als auch in häuslicher Umgebung.
Die einzelnen Mitglieder der FOX-Gerätefamilie erbringen Leistungen von 7,5 W (FOX6M), 12 W (FOX12M), 18 W (FOX18M) sowie 30 W (FOX30M) und decken im Standardportfolio Spannungsvarianten von 5 bis 48 VDC ab. Außerdem umfasst die Produktfamilie Lösungen mit USB-Ausgang in der Leistungsklasse 11 W (5 V / 2200 mA), welche auch mit medizinischer Zulassung nach IEC 60601-1 erhältlich sind.
Zuzüglich zu den Geräten mit Wechseladaptersystem bietet FRIWO auch Varianten mit Festboden für den länderspezifischen Einsatz sowie eine 30 W-Version als Desktopvariante an. Die Standardware aus dem Katalog deckt dabei Europa, USA/Japan, UK und Australien ab. Weitere länderspezifische Geräteversionen sind auf Anfrage realisierbar.
Neben dem Direktvertrieb und dem Bezug über FRIWOs Distributionspartner können die Geräte auch über den firmeneigenen Onlineshop unter www.friwo-shop.de in Klein- und Kleinstmengen bezogen werden.